Bettnässen: Ursachen psychisch und körperlich
Bettnässen macht Kindern und Eltern sehr zu schaffen: Das nächtliche Bettwäschewechseln zehrt an Schlaf und Nerven. Hinzu kommen Extra-Waschladungen und oft auch Gefühle von Ärger, Hilflosigkeit und Scham. Dabei ist es weit verbreitet: Rund 8 % der Kinder zwischen 4 und 12 Jahre in Deutschland nässen nachts ein. Doch was steckt eigentlich dahinter? Sind bei Bettnässen die Ursachen psychisch oder körperlich?
Wir schauen uns die Gründe für das Einnässen genauer an – denn Verständnis hilft nicht nur beim Finden einer passenden Therapie, sondern auch, gelassener mit dem Thema umzugehen. Eins vorweg: Wen dein Kind nachts (wieder) einnässt, mache einen Termin bei einem Kinderarzt/einer Kinderärztin. Er oder sie kann dir am besten weiterhelfen.
Was bedeutet Bettnässen?
Unter Bettnässen versteht man einen ungewollten Urinverlust im Schlaf. Dass Kinder nachts ins Bett machen, ist erst mal nicht ungewöhnlich und bis zum Alter von fünf Jahren ist gelegentliches nächtliches Einnässen ganz normal. Entwicklungsbedingt lernen Kinder zunächst, tagsüber ihre Blase zu kontrollieren und brauchen meist länger, bis es auch im Schlaf klappt. Von einem Krankheitsbild – in der Fachsprache Enuresis nocturna oder einfach Enuresis genannt – spricht man daher erst, wenn folgende drei Kriterien zutreffen:
Das Kind ist mindestens fünf Jahre alt.
Das Bettnässen tritt über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten mindestens einmal monatlich auf.
Es liegen keine sonstigen Krankheiten als Ursache für das Bettnässen vor, wie beispielsweise ein Harnwegsinfekt oder eine Verstopfung. Lasse dies von einem Kinderarzt/einer Kinderärztin abklären.
Zwei Formen von Bettnässen
Grundsätzlich unterscheidet man zwei Formen von Bettnässen:
Primäre Enuresis Bei der primären Enuresis ist das Kind noch nie länger als 6 Monate am Stück trocken gewesen und hat noch keine nächtliche Blasenkontrolle erworben. Dies ist mit 75 % der Fälle die häufigere Form.
Sekundäre Enuresis Bei der sekundären Enuresis handelt es sich um einen „Rückfall“: Nachdem das Kind bereits mindestens 6 Monate lang nachts seine Blase kontrollieren konnte, nässt es nun wieder ein. Diese Form betrifft etwa 25 %¹ und ist für das Kind oft besonders belastend.
Bettnässen kommt öfter vor, als man denkt
Dass Kinder auch nach dem fünften Lebensjahr nachts einnässen, ist alles andere als selten: In Deutschland sind etwa 681.000 Kinder zwischen vier und zwölf Jahren betroffen, das sind 8 %.² Damit ist Enuresis die zweithäufigste chronische Kinderkrankheit³. Jungs trifft es dabei doppelt so häufig wie Mädchen.⁴ Wie lange und wie oft Kinder einnässen, ist sehr unterschiedlich, wird jedoch mit dem Alter seltener: Betroffen sind:
20–25 % der 4-Jährigen,
10 % der 7-Jährigen,
5 % der 10-Jährigen sowie
0,5–1,7 % der 16–17-Jährigen.
Was sind mögliche Ursachen von Bettnässen?
Nicht immer lässt sich die eine Ursache von Bettnässen klar benennen. Verschiedene Faktoren können die Ursache für Bettnässen sein:
Entwicklung der Blase Möglicherweise ist das Fassungsvermögen der Blase deines Kindes noch nicht ausreichend, das heißt, die Blase ist kleiner als der Durchschnitt oder noch nicht dehnbar genug und kann deshalb den nächtlichen Urin nicht halten.
Hormonelle Entwicklung Es kann auch sein, dass dein Kind nachts nicht genug des sogenannten antidiuretischen Hormons (ADH) bildet. Dieses signalisiert den Nieren, nachts weniger Urin zu produzieren als tagsüber. Das kann an einer verzögerten Entwicklung der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) liegen, die für den Tag-Nacht-Rhythmus zuständig ist.
Tiefer Schlaf oder Schlafstörungen Wenn dein Kind sehr tief schläft, wacht es möglicherweise nicht auf, wenn es zur Toilette muss. Bei einer ausgereiften Blasenkontrolle senden die Nerven bei Harndrang einen Reiz, der das Kind aufweckt. Sind diese noch nicht vollständig ausgebildet, wird es nicht oder zu spät wach – das Kind merkt also nachts den Harndrang nicht. Einige Ärzte verweisen auch auf Schlafstörungen, die das Aufwachen verhindern.
Genetische Faktoren Oft spielt auch die Veranlagung eine Rolle: Enuresis tritt häufiger auf, wenn ein oder beide Elternteile ebenfalls als Kind eingenässt haben. Bei einem Elternteil steigt die Wahrscheinlichkeit des Bettnässens bereits auf 40 %, bei beiden Elternteilen sogar auf 75 %.⁵
Neben diesen körperlichen Ursachen von Bettnässen können auch die Trink- und Toilettengewohnheiten eine Rolle spielen oder einen verstärkenden Effekt haben. Wenn dein Kind nachts einnässt, achte darauf, dass es tagsüber reichlich trinkt, aber vor dem Schlafen etwas weniger. Ermutige es außerdem, vor dem Hinlegen zur Toilette zu gehen.
Bettnässen: Ursachen psychischer Natur
Auch psychologische Faktoren sind manchmal Ursache des Bettnässens oder tragen dazu bei – insbesondere bei der sekundären Enuresis. So können intensiver Stress, Traumata oder Veränderungen im Leben nach einer trockenen Phase zu einem erneuten nächtlichen Einnässen führen. Solche Umstände sind beispielsweise:
Eintritt in die Schule,
Geburt eines Geschwisterchens,
ein Umzug,
Trennungen oder familiäre Probleme,
Krankheiten oder Todesfälle in der Familie oder engen Kreis.
Aber auch vermeintlich kleinere Stressfaktoren können eine noch nicht ganz stabile Blasenkontrolle durcheinanderbringen, beispielsweise ein Streit mit Freunden oder der Tod eines Haustiers.
Wichtig bei Enuresis: ärztlicher Rat!
Eine Enuresis fordert Kinder und Eltern sehr und kann den Familienalltag stark belasten, sodass in dieser Zeit Unterstützung wichtig ist.
Die Kinderärztin oder der Kinderarzt ist bei Enuresis immer die erste Anlaufstelle. Sie oder er kann Erkrankungen als Ursache für das Bettnässen überprüfen und ausschließen, wie beispielsweise Harnwegsinfekte oder Verstopfung, aber auch ernsthafte Erkrankungen wie Epilepsie, Diabetes, Fehlbildungen der Harnwege oder neurologische Auffälligkeiten. Wenn nötig, kann er oder sie dann gemeinsam mit deinem Kind eine geeignete Therapie finden und euch beraten, wo ihr weitere Unterstützung findet.
Noch mehr über das Thema sowie Tipps, was im Enuresis-Alltag helfen kann, verraten wir dir übrigens auch hier !
Quellen:
¹,³ Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) – Leitlinie S2k: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen.
² Deutsche Kontinenzgesellschaft e. V., Infobroschüre: DKG_Enuresis_07-19.pdf (kontinenz-gesellschaft.de)
⁴ Enuresis: Ursachen und Diagnose der kindlichen Harninkontinenz (urologielehrbuch.de)
Pampers: Interview mit Melanie Schüer, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und Expertin bei Elternleben.de.
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