Enuresis: Was ist Bettnässen und wie helfe ich meinem Kind?
Beim Trockenwerden ist es schnell passiert: Dein Kind braucht Zeit, bis es nachts rechtzeitig merkt, wenn es auf die Toilette muss. Und auch nach der Windelzeit kann es vorkommen, dass das Bett nass wird. Aber ab wann sprechen wir von Bettnässen? Was erleichtert dir und deinem Kind den Umgang mit dem Thema und wie kannst du dein Kind unterstützen, nachts trocken zu werden? Wir haben mit den Expertinnen Kinderärztin Dr. Nikola Klün und Kinderpsychologin Melanie Schüer zu diesem Thema gesprochen.
Bettnässen: Definition und Überblick
Wenn Kinder nachts einnässen, spricht man auch von einer Enuresis – und zwar dann, wenn dein Kind mindestens fünf Jahre alt ist, über einen Zeitraum von drei Monaten regelmäßig mindestens einmal im Monat einnässt und keine anderen Auslöser wie Harnwegsinfekte oder sonstige Erkrankungen vorliegen. Dabei wird zwischen primärer und sekundärer Enuresis unterschieden:
Von primärer Enuresis spricht man, wenn dein Kind seine Blase nachts nie unter Kontrolle hatte und durchgehend ins Bett gemacht hat.
Von sekundärer Enuresis reden wir, wenn dein Kind nachts trocken war – mindestens sechs Monate lang –, die Kontrolle über seine Blase aber verloren hat und nun wieder einnässt. Diese Form betrifft etwa 25 %¹ der Kinder und ist für diese oft besonders belastend.
Dabei ist das Einnässen bei Kindern keine Seltenheit: Es betrifft rund 8 % der Kinder zwischen 4 und 12 Jahren². Das sind rund 681.000 Kids allein in Deutschland. Du siehst also, ihr seid nicht allein! Gib dieses Gefühl auch an dein Kind weiter und unterstütze es.
Ursachen der Enuresis
Der häufigste Grund des nächtlichen Einnässens ist eine verzögerte Reifung der Blasenkontrolle, an der das Gehirn, die Nerven, die Blase und die hormonelle Entwicklung beteiligt sind. Oft liegt die Veranlagung zum Bettnässen in der Familie. Seltener können auch emotionale Gründe wie Stress, Veränderungen im Leben oder Traumata dahinterstecken, insbesondere bei einer sekundären Enuresis.
Wichtig: Lasse in jedem Fall die Ursache durch den Kinderarzt oder die Kinderärztin abklären, um andere Erkrankungen auszuschließen. Er oder sie kann beraten und Therapievorschläge machen. Oft ist das Bettnässen nur eine Phase, dennoch ist in dieser Zeit Unterstützung wichtig.
Du möchtest mehr über die Ursachen der Enuresis wissen? Antworten auf deine Fragen gibt’s in unserem Artikel.
Bettnässen bei Kindern: Herausforderung für die ganze Familie
Mein Kind nässt wieder ein, mache ich etwas falsch? Diese Frage stellen sich viele Eltern, wenn ihr Kind nachts ins Bett macht. Denn neben zusätzlichen Waschladungen und Schlafmangel spielen bei Bettnässen oft auch negative Gefühle eine Rolle. Die Kinder wiederum schämen sich oft, haben Angst, als „Bettnässer“ ausgelacht zu werden oder davor, einzuschlafen. Wie groß die Belastung sowohl für Kinder als auch Eltern ist, zeigen die Ergebnisse unserer Umfrage:³
Zwei Drittel der Kinder fühlen sich aufgrund des Einnässens niedergeschlagen oder schämen sich.
Etwa die Hälfte der Eltern empfindet Sorge, Hilflosigkeit, Stress oder Ärger.
Hinzu kommt, dass viele Familien sich nicht trauen, über Bettnässen zu sprechen – oft nicht einmal mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt und engen Vertrauten:
79 % der Eltern empfinden Bettnässen als Tabuthema.
85 % wünschen sich, dass offener darüber gesprochen wird.
Unser Rat: Stelle dir nicht die Frage nach der „Schuld“ – denn die trägt beim Bettnässen niemand. Vielmehr geht es darum, den Alltag zu erleichtern und das Kind zu unterstützen, nachts trocken zu werden. Ein Austausch mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt und engen Vertrauten ist ein wichtiger erster Schritt zu mehr Entspannung.
Den Alltag zu reflektieren, kann dabei ebenfalls sinnvoll sein, wie Kinderpsychologin Melanie Schüer erklärt: „Es ist gut, wenn Eltern überprüfen, was sie beitragen und ändern können, um bei einer Enuresis zu helfen – etwa den Druck rausnehmen beim Thema Sauberkeitserziehung, mehr Ruhepausen ermöglichen oder nicht zu viel Flüssigkeit am Abend.“ Die Expertin schlägt zudem vor, etwa bei Paar- oder Familienkonflikten, auch eine Beratungsstelle aufzusuchen, um so dem Stress den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Mein Kind nässt (wieder) ein: Wie kann ich helfen?
Auch wenn die Belastung groß ist, ist es wichtig, keinen Druck aufzubauen – Bestrafung oder Schimpfen verschlimmern das Problem des Einnässens bei Kindern oft noch. Schließlich machen diese nicht mit Absicht nachts ins Bett. Reagiere mit Verständnis, höre zu und unterstütze dein Kind. „Jede kleine positive Veränderung, jeder erfolgreiche Toilettengang und jede trockene Nacht sollten sehr wertgeschätzt werden“, betont Melanie Schüer. Wichtig sei ein möglichst unaufgeregter Umgang mit dem Bettnässen. Eltern sollten dem Kind das Gefühl geben, dass es nicht allein mit den Schwierigkeiten ist und es Lösungen gibt. Die wichtigste Botschaft sei dabei: „Das schaffen wir gemeinsam!“
Die Tipps der Expertinnen bei Enuresis:
Suche mit deinem Kind einen Kinderarzt/eine Kinderärztin auf. Er oder sie kann dir am besten sagen, was du gegen das Bettnässen machen kannst.
Ermutige dein Kind, vor dem Schlafengehen noch einmal zur Toilette zu gehen. Versucht gemeinsam, dass es sich von allein daran erinnert.
Auch die Änderung der Trinkgewohnheiten kann helfen: Achte darauf, dass dein Kind tagsüber viel, aber vor dem Schlafengehen etwas weniger trinkt (ohne das Trinken natürlich zu verbieten).
Kümmere dich darum, dass der Weg zur Toilette nachts gut beleuchtet ist, damit dein Schatz den Weg gut findet. Falls es einfacher ist, stelle ein Töpfchen ins Schlafzimmer.
Sorge dafür, dass der Toilettensitz kindgerecht ist. Ein vollständiges Aufstellen der Füße sollte möglich sein, zum Beispiel mithilfe einer Fußbank.
Bereite alles vor, damit du nachts die Bettwäsche schnell wechseln kannst. Nutze einen wasserdichten Matratzenschoner sowie waschbare Schutzbezüge für Decke und Kissen. Lege einen sauberen Schlafanzug, ein Laken sowie Bettwäsche bereit. Oder, wenn du den Platz hast, eine zweite, bezogene Garnitur.
Plane morgens genug Zeit ein, um dein Kind zu duschen und einzucremen – dies hilft gegen Uringeruch und Ausschlag.
Dr. Nikola Klün rät zudem, mit einem kindgerechten Kalender die nassen und trockenen Nächte zu dokumentieren. Dies sorge für positive Verstärkung und lenke die Aufmerksamkeit auf das Therapieziel, nachts trocken werden.⁴
Was kann ich noch gegen das Bettnässen unternehmen?
Führen all diese Maßnahmen nicht zum Erfolg, kann laut unseren Expertinnen auch eine sogenannte Klingelmatte oder Klingelhose zum Einsatz kommen, die dein Kind bei Urinabgang weckt und ihm so beibringt, Harndrang zu bemerken. Melanie Schüer betont: „Das sollte man dem Kind aber gut erklären und es liebevoll begleiten, damit dies keinen Stress auslöst. Was du tun kannst, weiß am besten ein Kinderarzt/eine Kinderärztin.
Absorbierende Pyjamahöschen sorgen für Entlastung
Zudem gibt es für ältere Kinder spezielle absorbierende Höschen. Sie können das Bettnässen nicht wegzaubern, sorgen aber für ein trockenes Bett und damit für Entspannung im Enuresis-Alltag. Einige Kinder lehnen solche Höschen ab – sie haben Angst, deswegen gehänselt zu werden oder wollen keine „Windeln“ tragen. Das ist besonders der Fall, wenn Bettnässen bei Schulkindern auftritt.
¹ Deutsche Kontinenzgesellschaft e. V., Infobroschüre: DKG_Enuresis_07-19.pdf (kontinenz-gesellschaft.de).
² Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) – Leitlinie S2k: Enuresis und nicht-organische (funktionelle) Harninkontinenz bei Kindern und Jugendlichen.
³ Pampers Break the Bedwetting Taboo research, durchgeführt im Dezember 2021 im Vereinigten Königreich.
⁴ Devlin et al 1990, Glazener et al 2014.
Pampers Interview mit Dr. Nicola Klün, Kinderärztin, und Melanie Schüer, Kinder- und Jugendpsychotherapeutin und Expertin bei Elternleben.de.
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